Kinder vertragen auch intensive Ausdauerbelastungen gut. Bei regelmäßigem Training nimmt die Herzgröße zu; es kann sich sogar ein besonders leistungsfähiges Sportherz ausbilden.


Kinder passen sich an Belastungen schneller an als Erwachsene

Bei gemäßigtem Ausdauersport verbrennen Kinder Fette schneller als Erwachsene. Zudem springen bei Ausdauerbelastungen das Herz-Kreislauf-System und die Atmung von Kindern schneller an als bei Erwachsenen. Eine geringe Laktat-Produktion vor der Pubertät schützt junge Sportler möglicherweise vor Überanstrengung.

Körperliche und sportliche Betätigung ist nur möglich, wenn dafür Antriebsenergie zur Verfügung steht. Die menschlichen Zellen verfügen über zwei Möglichkeiten, die benötigte Energie zu erzeugen. Zum einen verbrennen sie „Kraftstoffe“ - insbesondere Fette und Kohlenhydrate (Zucker) -, indem sie dafür Sauerstoff verwenden. Man spricht von aerober (sauerstoffabhängiger) Energiegewinnung. Zum anderen kann Energie auch ohne Sauerstoff gewonnen werden, anaerobe (sauerstoffunabhängige) Energiegewinnung genannt.

Der Körper bevorzugt die aerobe Methode und versucht, bei Ausdauerbelastungen vorrangig seine Fettspeicher in Energie umzuwandeln. „Kinder verbrennen bei körperlicher Betätigung Fette besser als Erwachsene“, sagt Professor Dr. Kuno Hottenrott vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Halle-Wittenberg. Im Vergleich zu Erwachsenen verfügen Kinder pro Kilogramm Körpergewicht über einen höheren Anteil oxidativer Enzyme, die die Fettverbrennung beschleunigen, und eine größere Zahl an Mitochondrien („Kraftwerken“) in den Muskelzellen, die die benötigte Energie produzieren. „Kinder setzen bei moderater Ausdauerleistung sehr schnell Fettsäuren frei und verbrennen diese schneller als Erwachsene“, erklärt Hottenrott. „Erwachsene erreichen eine ähnliche Effektivität erst nach mehrjährigem Ausdauertraining.“

„Kinder passen sich auch schneller an die jeweilige Belastung an. Das Herz-Kreislauf-System und die Atmung springen schneller an als bei Erwachsenen“, erläutert der Saarbrücker Sportmediziner Professor Dr. Wilfried Kindermann. „Kinder, die regelmäßig trainieren, können Herzfrequenzen von 190, in Einzelfällen sogar bis 200 Schläge pro Minute auch über längere Strecken gut tolerieren.“ Die Frage, wie sich intensive und umfangreiche Ausdauerbelastungen im Kindesalter langfristig auswirken, kann noch nicht beantwortet werden. Dazu liegen noch keine wissenschaftlichen Studien vor.

Bei großer Anstrengung, wenn man außer Atem gerät, wird nicht mehr so viel Sauerstoff zu den Muskelzellen transportiert, wie für eine aerobe Verbrennung benötigt wird. Der Körper schaltet dann notgedrungen auf die anaerobe Energiegewinnung um. Bei diesem Prozess, bei dem die Kraftstoffe ohne Sauerstoffzufuhr zu Energie umgewandelt werden, entsteht als Abfallprodukt Laktat (Milchsäure). Es kann die Muskulatur übersäuern, was der Sportler als unangenehmes Schweregefühl und Brennen der Muskeln bei gleichzeitiger Luftnot zu spüren bekommt.

„Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass Kinder auch gut dosierte intensive Belastungen, bei denen die Energie zum Teil anaerob bereitgestellt wird, gut vertragen und entsprechende Trainingseffekte zeigen. Sie sind nach intensiven Intervallbelastungen weniger erschöpft als erwartet und erholen sich erstaunlich schnell“, berichtet Wilfried Kindermann.

Neben den bereits genannten physiologischen und biochemischen Besonderheiten ist dabei auch von Bedeutung, dass Kinder weniger Laktat bilden können als Erwachsene und deshalb bei anstrengender sportlicher Betätigung einfach abbrechen. Sie können sich deshalb nicht so hoch ausbelasten. „Möglicherweise ist der niedrigere Laktatspiegel von Kindern also ein natürlicher Schutzmechanismus, der vor zu hoher Belastung schützt“, sagt Wilfried Kindermann.
Ein Laktat-Stufentest auf dem Laufband oder Fahrradergometer ist ein sehr aussagekräftiges Messverfahren, um die Ausdauerleistungsfähigkeit eines Sportlers zu bestimmen und sein Training zu planen. Die Belastungsintensität wird in regelmäßigen Abständen erhöht. Vor jeder Tempo-Steigerung entnimmt der Diagnostiker aus dem Ohrläppchen einen Tropfen Blut, um die darin enthaltene Menge an Laktat zu messen. Durch die stufenweise Steigerung der Belastung wird der Sportler an seine Belastungsgrenzen geführt. Bildet der Körper bei einer bestimmten Belastungsstufe so viel Laktat, wie er gerade noch abbauen kann, ist die sogenannte anaerobe Schwelle erreicht. Oberhalb der Schwelle ist die Laktatproduktion so hoch, dass die Muskulatur übersäuert.Ausgehend von dem Puls, den der Sportler an der Schwelle hat, können die Wissenschaftler seine Trainingsbelastung optimal dosieren. Sinnvoll auswertbar ist eine solcher Test erst nach Einsetzen der Pubertät.