Schwacher Bauch lässt die Füße stolpern

Starke Bauch-, Rücken- und Nackenmuskeln verbessern den Laufstil deutlich – Verletzungen bei ermüdeter Muskulatur

Um zu überprüfen, wie sich eine Ermüdung der Rumpfmuskulatur auf den Laufstil auswirkt, hat das Kidcheck-Team die junge Leichtathletin Christina Franz auf die Laufbahn geschickt. Mess-Sohlen in den Laufschuhen registrierten die Druckverteilung unter der Fußsohle der Sportlerin, während sie auf der Bahn der Leichtathletikhalle am Saarbrücker Olympiastützpunkt ihre Runden drehte.

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Der Experte für Gang- und Laufanalysen, Dr. Oliver Ludwig, hat der jungen Läuferin Christina Franz empfindliche Mess-Sohlen in die Schuhe gelegt. Über ein Funkgerät, das Christina an der Hüfte trägt, wird die Druckbelastung der Füße während des Laufens auf einen Compter übertragen.

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Christina läuft gut ausgeruht einige Runden. Die Fußbelastungen werden dabei gemessen. Danach werden ihr Elektroden auf den Rücken geklebt, die die Muskelaktivität messen. Diese Mess-Kurven werden auf einen Computer übertragen und zeigen, wie stark die Muskulatur bei Belastung ermüdet.

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Jetzt muss Christina ihre Rumpfmuskulatur gezielt ermüden. Die Bauchmuskulatur und die Rückenmuskulatur werden mit speziellen Übungen so stark beansprucht, dass sie schon nach kurzer Zeit ausgepowert sind und nicht mehr die optimale Leistungsfähigkeit erreichen.

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Mit stark ermüdeter Rumpfmuskulatur läuft Christina erneut einige Runden. Die Mess-Sohlen in ihren Schuhen zeichnen wieder die Druckbelastung der Füße bei jedem Schritt auf. Es zeigt sich ganz deutlich, dass eine ermüdete oder schwache Rumpfmuskulatur den Laufstil drastisch verschlechtert.

Im Optimalfall setzt der Fuß mit dem Außenrand der Ferse auf. Dort beginnt dann die so genannte Kraftlinie, mit deren Hilfe Wissenschaftler der Saar-Uni und Biomechaniker des Saarbrücker Orthopädietechnikunternehmens Zender das Abrollverhalten des Fußes analysieren. Bei Christina war die Abrollbewegung der Füße zunächst fast optimal. Aber eben nur fast: Im rechten Sprunggelenk wurde ein deutliches Einknicken des Fußes nach innen festgestellt. Die Ursache dafür liegt meist in einem Knick-Senkfuß, der vom Sportschuh nicht ausreichend gestützt wird. Während Christinas linker Fuß gut abrollte und sie ihr Körpergewicht von der Ferse über den Fußaußenrand zur großen Zehe verlagerte, knickte die Kraftlinie des rechten Fußes nach innen ein, sobald das Körpergewicht auf ihm lastet.

Dieses Bild ändert sich komplett, nachdem Christina 15 Minuten lang ihre Bauch- und Rückenmuskulatur durch Halteübungen am Reck und an der Langbank intensiv ermüdet hatte. Ist die Rumpfmuskulatur zu schwach oder ausgepowert, kann das Gehirn während einer schnellen Bewegung die Position des Rumpfes nicht mehr optimal stabilisieren. Ähnlich wie ein umgedrehtes Pendel wird der Oberkörper bei jedem Schritt leicht schwanken. Diese Instabilität setzt sich bis zu den Füßen hin fort. Jede Pendelbewegung, die der ermüdete Rumpf unbewusst durchführt, muss von Bein- und Fußmuskeln aufgefangen werden. Vor allem die kleineren Muskelgruppen des Unterschenkels ermüden dadurch schnell. Dann werden die Sprunggelenke nicht mehr ausreichend stabilisiert, die Bewegung des Fußes wird unsauber. Bei Christina verschlechterten sich die Kraftlinien beider Füße nach der gezielten Ermüdung des Rumpfes deutlich. Auch beim zuvor schon wackligen Knickfuß hat sich das Abkippen sichtbar verstärkt. Diese Instabilität verhindert nicht nur sportliche Höchstleistungen, sondern erhöht auch das Risiko einer Verletzung.

Eine müde Muskulatur kann auch dazu führen, dass der Fuß beim Aufsetzen der Ferse ein wenig zu weit nach außen kippt. Es besteht die große Gefahr, dass er umknickt und die Bänder überdehnen oder reißen. Diese Außenbandruptur, wie die Mediziner die Verletzung nennen, ist die häufigste Sportverletzung überhaupt. Schaffen es die ermüdeten Muskeln des Beines also nicht rechtzeitig, die Umknickbewegung aufzuhalten, kann es zur Verletzung kommen. Eine gut ausgebildete Rumpfmuskulatur, die den Körper stabilisiert, ist unbedingt notwendig, um eine gleichmäßige Abrollbewegung beim Laufen auch über lange Strecken zu gewährleisten.

Tipp
Läufer sollten zwei- bis dreimal pro Woche mit leichten Gewichten ihre Kraft trainieren. Am günstigsten sind jeweils drei Sätze mit 20 bis 25 Wiederholungen für alle Muskelgruppen. Ein Training im Fitness-Studio ist ebenso wirksam wie das Üben im Verein oder zu Hause mit leichten Hanteln und Thera-Bändern. Im Leistungssportbereich ist schon lange bekannt, dass Läufer ihre Zeiten deutlich verbessern können, wenn sie auch regelmäßig Krafttraining betreiben.