Die Wirbelsäule des Jungen ist zur linken Seite hin verkrümmt.
Eine solche Krümmung wird als Skoliose bezeichnet.


Wie man Körperhaltung messen kann

Haltungsschwächen bei Kindern und Jugendlichen sind weit verbreitet. Es ist jedoch schwierig, klar zu definieren, ab wann von Haltungsdefiziten zu sprechen ist. Hier findet sich in der medizinischen Literatur keine einheitliche und auch keine leicht umsetzbare Empfehlung. Um objektive Ergebnisse zu bekommen, wertet das Kid-Check-Teams auch digitale Haltungsfotos aus.

Bei 1600 untersuchten Kindern und Jugendlichen zeigte sich, dass lediglich 45 Prozent der Probanden eine stabile aktive Haltung einnehmen können.
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Im Vergleich dazu liefert die ärztliche Einschätzung 51 Prozent haltungsschwache und 49 Prozent haltungsunauffällige Kinder. Das Kid-Check-Team konnte keine Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen feststellen.

Besteht der begründete Verdacht, dass nicht nur eine Haltungsschwäche, sondern bereits ein irreparabler Haltungsschaden vorliegt, ist eine zusätzliche ärztliche Untersuchung empfehlenswert. In diesen Fällen wird zu einer Röntgenkontrolle geraten.

Das Problem, Körperhaltung so zu untersuchen, dass man immer zu vergleichbaren (reproduzierbaren) Ergebnissen kommt, findet in der wissenschaftlichen Literatur nur wenig Beachtung (Klee, 1996). Neben der Bewertung der Haltung durch den Facharzt, die in der Regel auf dessen Erfahrung beruht und manchmal recht subjektiv ausfällt, ermittelt die Kid-Check-Arbeitsgruppe einen so genannten Haltungsindex. Es handelt sich um eine biomechanische Messung. Dabei schauen sich die Wissenschaftler die aufrecht stehenden Kinder von der Seite her an und konzentrieren sich dabei auf die Position von vier Körperpunkten (siehe Grafik): das Brustbein (Sternum), die Stelle stärkster Brustkyphose (Krümmung der oberen Wirbelsäule nach hinten), vorderer oberer Darmbeinstachel (der vorderste Punkt des Beckens) und die Stelle stärkster Lendenlordose (Krümmung der unteren Wirbelsäule nach innen). Diese Punkte werden dann in Relation gesetzt zu einer senkrecht nach oben verlaufenden Linie (Lotlinie), die am Fußknöchel ihren Ausgang nimmt. Aus dem Verhältnis der ermittelten Punkte zueinander lässt sich ein Indexwert berechnen.

Vergleicht man die Haltungsbeuteilung durch den Orthopäden mit diesem biomechanisch ermittelten Indexwert, mit dem letztlich die Position des Rumpfes geometrisch beschrieben wird, ergibt sich eine sehr gute Übereinstimmung. Die wissenschaftliche Güte (Objektivität, Reliabilität, Validität) des von uns neu definierten Haltungsindex konnten wir in eigenen Studien nachweisen.

Haltungsschwache Kinder befinden sich bei normaler, gewohnheitsmäßiger (habitueller) Haltung in einem Indexbereich von unter 1,0 (Symptome: Flachrücken, vorgeneigte Oberkörperposition) beziehungsweise über 1,3 (Symptome: Rundrücken, Hohlkreuz, Beckenkippung). Der durchschnittliche Indexwert der gesamten Gruppe betrug 1,35 mit einer Abweichung von 0,21 nach oben und nach unten. Nur 45 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen wiesen eine stabile Haltung auf.